Aus der kleinen Dorfschule zur modernen Grundschule
Dr. Helmuth Steenken zeigt in seinen Zeilen über die Einschulung seines
Sohnes Ulrich 1971, dass das vorhin von Frau Heinen angesprochene ,,freudige Lernen" manchmal zuerst
gelernt werden muss:
"Großer Tag für kleine Leute
Ich erinnere mich an 30 ABC-Schützen, mit Eltern, Omas und Opas waren wir sicher zu hundert im größten der Klassenräume.
Man schnackte, lachte und sagte: " Wir haben uns ja ewig nicht gesehen." ,,Ewig" ist in Wechloy natürlich vorgestern. Frau Heinen
klatschte in die Hände und ging an die Tafel. ,,So", sagte sie zu den ABC-Schützen, ,,ich habe hier drei Stücke Kreide. Wer von
euch etwas an die Tafel malen will, der bekommt ein Stück." Sofort liefen drei Mädchen an die Tafel. Eines rief: ,,Was sollen wir
denn malen?" ,,Was ihr wollt", sagte Frau Heinen, ,,vielleicht eine Schultüte." Da malten alle drei Mädchen Schultüten. Nun ging
Frau Heinen an den Schrank und holte noch ein Stück Kreide. Sie drückte es einem der Jungen in die Hand und das war
ausgerechnet unser Sohn Uli. Der genierte sich sehr und flüsterte seiner Mutter ins Ohr, das ginge nicht, und es sei auch gar kein
Platz mehr an der Tafel. Als Frau Heinen das hörte, sagte sie: ,,Oh, das haben wir gleich. Ute, geh du mal etwas zur Seite, damit
Uli auch noch Platz hat. Da nahm dann Uli die Kreide und malte unter Utes Tüte vier oder fünf senkrechte Striche. Wir ermuntern
ihn von hinten und nun malte er noch vier oder fünf waagerechte Striche über die senkrechten. Darauf schluchzte er einmal tief
und rief: ,,Ich will hier raus!" Da hatte Frau Heinen Erbarmen, nahm den Tafellappen, wischte ein Loch in Ulis Gitter und brachte
ihn wieder zu uns. Er wurde aber trotzdem eingeschult.
Spätestens im dritten Schuljahr hatte sich die Sache dann aber gewendet, wie mir die betroffene Lehrerin selber erzählte. Es war
um die Weihnachtszeit, da wollte sie ein paar Sterne aufhängen. Sie stellte sich einen Stuhl auf einen Tisch und während sie
hinaufstieg, sagte sie: ,,Seid mal ganz still und bewegt euch nicht, damit ich da nicht runterfalle." Worauf ein Junge gesagt haben
soll (es soll unser Uli gewesen sein): ,,Frau Dänisch, wenn Sie aber jetzt auf den Arsch fallen, haben wir dann morgen frei?"
[ ... ]
Ralf Eismann Schüler in Wechloy von 1971 bis 1975, erinnert sich:
,,Seitdem ich nicht mehr in die Schule Wechloy gehe [...], denke ich immer wieder gern an diese Schule und an die Zeit dort
zurück. Die Fantasie der Lehrer und ihre Liebe zu Schülern vermisste ich später in anderen Schulen.
Am Anfang eines jeden Schultages sangen wir zunächst gemeinsam in der Klasse. Das taten wir überhaupt sehr viel. Aber am
Morgen gehörte es in den Ablauf. Dann folgte das Gebet. Wer Geburtstag hatte, dem wurde eine Kerze, eingerahmt von
Sahnebonbons, auf den Tisch gestellt. Das Geburtstagskind durfte sich dann das Morgenlied wünschen. Die persönliche und
feierliche Atmosphäre erlebte ich als Kind sehr bewusst mit. In besonderer Erinnerung sind für mich daher auch die
Adventsfeiern. Jeden Samstag im Advent feierten wir mit der ganzen Schule. Die vierte Klasse führte das Krippenspiel vor.
So fühlte ich mich manchmal wie in einer großen Familie. Die Schule war mir und sicherlich auch anderen zu einem zweiten
Zuhause geworden. Daher war auch wohl nicht nur mir der Abschied so besonders schwer gefallen. Mit der ganzen Schule spielten
wir in den Pausen oft ,,Räuber und Gendarm" und ,,Wer hat Angst vorm schwarzen Mann". Die dritte und vierte Klasse spielte oft
gegeneinander Fußball auf dem Rasen hinter dem Zaun, der jetzt nicht mehr steht. Der Spielplatz war damals noch am Ende der
Rasenfläche. Wenn die Pause dann vorbei war, wurde von der Pausenaufsicht ,,der Schulhof zusammengeklatscht". Denn in
Wechloy gibt es keine Klingel."
,,Zu meiner Zeit an der Schule Wechloy war es verbreitet, alle Mitschüler in ein Poesie-Album schreiben zu lassen. Neben den
kleinen Gedichten, die oft speziell ausgesucht wurden, gab es passende Zeichnungen.
So schrieb mir ein Mitschüler ,,Edel sei der Mensch, hilfreich und gut" und zeichnete dazu ein Bild, das zeigte, wie ein Mensch
einen anderen ins Wasser schubst. Also doch nichts mit ,,hilfreich und gut".
Einer meiner Mitschüler wurde besonders kreativ. Er dachte sich einen Spruch aus: ,,Fahr tagaus, tagein den Schulweg, denn
sonst lernst du ja nichts. Aber vergess nicht die Turnhalle und den Turnweg. " Dazu malte er nicht meine, sondern seine
Schul- und ,,Turnwege".
Dieses Wort ist heute für mich das Schönste. Denn wie hat sich doch der alte Schulweg verändert: Auf der Wiese und den
Wallhecken sowie dem alten Damm baute einige Jahre später die Uni. Und die Turnhalle, zu der wir fuhren (bei Krückeberg an
der Ammerländer Heerstraße) gibt es auch schon lange nicht mehr. Und dann der Weg über die Bahngleise an der Ammerländer
Heerstraße. So verwinkelt, dass man aufpassen musste, nicht gegen das Geländer zu fahren. Inzwischen gibt es dort schon
länger eine Bahnunterführung."
Zum neuen Spielplatz schreibt Fabian, 3. Klasse, 1980:
,,Wir haben einen neuen Spielplatz bekommen. Der ist ganz schön groß! Zuerst war er sehr klein. Aber er war ja noch nicht fertig!
Doch dann wurde er groß, größer... Und als er fertig war, haben wir uns alle gefreut! Da waren zwei Hopstürme, eine Wippe, die
auf zwei Federn steht und man an der Seite auch sitzen kann, ein Kletternetz mit einem Rahmen aus Holz, zwei Reckstangen, eine
Rutsche, vier Schaukelringe und unser Schiff, das schon sehr lange auf dem Spielplatz stand, kriegte ein neues Dach und
wurde grün gestrichen. Wir wussten nicht, welches das schönste Gerät ist. Dann kamen auch drei Mülleimer dazu. Und eine
Malwand mit Kreide, daneben zwei Bänke. Um den Sand wurden Baumstämme gelegt. Dann kamen an eine Hauswand noch
Bänke und Tische, wodrauf man hopsen kann. Jetzt ist nur noch wenig vom Schotter übriggeblieben. Man kann aber trotzdem
fangen spielen. Schöner geht es jetzt nicht mehr. Der ganze Schotter ist leer und der Spielplatz voll."
Frau Heinen verabschiedet sich Ende Juni 1981. Maria Reich wird Schulleiterin.
Die Stadt richtet zu der Zeit den Schulgarten ein, der seitdem von Schülern, Lehrkräften oder Ehrenamtlichen gepflegt wird.
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