Seite 1 - Seite 3
Seite 1 - Seite 3

Die Haarenniederung und ihre Vogelwelt

Außer der Bekassine haben hier entlang der Haaren aber noch andere Vogelarten ihre Heimstatt. Wenn das Schilf groß geworden ist, bauen die Teichrohrsänger ihre kunstvollen Nester, die sie zwischen 4-5 Rohrhalmen aufhängen. Der Wind mag das Rohr noch so sehr schwanken lassen, die Jungen sind hier wohl geborgen, auch sicher vor Raubvögeln. Sogar die diebische Elster kann hier nichts ausrichten. Die schwankenden Rohrhalme in dem Reich unseres Rohrsängers, in denen sie mit großer Kunstfertigkeit herumklettert, besser noch als die Meise im Gesträuch, bieten den Füßen der Elster keinen Halt und fliegend kann sie auch nicht an die Nester heran. So unsicher der Rohrsänger auch außerhalb seines Rohrs sich bewegt, so sicher fühlt er sich innerhalb desselben. Das ist auch zu verstehen, wenn man ihn einmal zwischen den dichten Halmen herumturnen sieht, schnell wie eine Maus, mal hier hervorlugt und im nächsten Moment schon woanders; da folgt ihm kein anderer Vogel. Sein Gesang besteht meist aus Quaken und Knarren, untermischt mit kleinen Pfeifern und Trillern. Er ist aber auch geschickt im Nachahmen anderer Vögel seines Lebensraumes. Ähnlich im Aussehen und Gesang ist ihm sein Vetter, der Uferschilfsänger. Dieser hält sich mehr in den Randgebieten des Rohres auf, sitzt gern auf einer Weide und singt und legt sein Nest in die Gräser und Binsen. Er singt gern und ausdauernd. Wenn aber eine Gefahr von oben droht, läßt er sich kopfüber ins Bodendickicht fallen.

Es hat einen eigenen Zauber für mich, wenn ich nach getaner Tagesarbeit, wenn die Sonne im Westen untergegangen ist, den Abendfrieden an der alten Haaren genieße und außer dem Wispern des Windes im Röhricht nur der bescheidene Gesang vom Rohrsänger zu hören ist. Gelegentlich läßt sich auch wohl mal das Teichhuhn hier sehen; ja, vor Jahren hatte es sein Gelege im Schilf hinter dem Garten angelegt und stellte sich regelmäßig zu den Mahlzeiten ein, wenn die Hühner gefüttert wurden. Im allgemeinen bevorzugt es aber mehr die offenen Gewässer.

Im zeitigen Frühling, wenn die Froschhochzeit nach uraltem Ritus stattgefunden hat und der Laich in der Sonne heranreift, dann stellen sich auch die Enten zu Gaste ein an der üppig gedeckten Tafel. Das eine oder andere Pärchen bleibt dann auch wohl zum Brutgeschäft hier, die meisten jedoch ziehen weiter. Im übrigen aber fühlen sie sich wohler in der weiten Niederung zwischen dem Drögen Hasen und der Bloher Landstraße, wo die Ofener Bäke von links in die Haaren mündet und sich der große Esch, die kleine Wechloyer Heide und der Breiten in das Niederungsgebiet vorschieben.

Dort ist überhaupt eine Welt für sich, noch ursprüngliche Natur. Wenn ich mal das Bedürfnis habe, mit meinen Gedanken allein zu sein oder um den inneren Frieden wiederzufinden, dann brauche ich hier nur herzuwandern. Dann lehne ich mich gern an die alte Drillingseiche, die dort auf dem Breiten steht, lasse die Ruhe und Stille auf mich einwirken und den Blick in die Runde schweifen. Das menschliche Hasten und der Verkehrslärm sind weit fortgerückt. Es herrscht feierliche Stille, nur unterbrochen vom Rufen der Kiebitze, dem Läuten des Kuckucks oder wenn man Glück hat, dem melancholischen Trillern und Flöten des Regenpfeifers; und sogar diese Laute verlieren sich in der Weite. Im Westen, wo die Haaren hinter dem Wald hervorkommt, bildet dieser Wald den Horizont, weiter rechts schieben sich die Ofener Büsche, die in Ackern und Weiden eingestreut liegen und eine echt ammerländische Landschaft repräsentieren, ins Blickfeld. Davor verläuft als gerade Linie der Bahndamm, der irgendwie in diese Landschaft hineinpaßt und das Bild gar nicht stört. Mein Blick streift weiter, und nun habe ich das eigentliche Dorf Wechloy in einem so herrlichen Rahmen vor mir liegen, wie es sonst wohl von keiner Seite in Erscheinung tritt. Da ist im Hintergrund die kompakte Masse der Wechloyer Büsche und davor lugen die Dächer der alten Bauernhäuser aus dem Grün der Eichen, die stattlichen Höfe von Fortmann und Pophanken und ganz im Vordergrund der alte Gerdes-Hof und daneben ein schöner neuer Klinkerbau, deren Farbtöne wie rote Tupfer aus dem Grünen hervorleuchten.